Zweite Bauphase: Vom KdF-Bad-Torso zur Kaserne (1950-1956)
Nach dem Ende des 2. Weltkrieges verkörpert der „Koloss von Rügen“ die Militärgeschichte des zweiten deutschen Staates auf deutschem Boden nach dem Krieg. Der Ort ist eine Wiege des DDR-Militärs und wurde zu einer Welle im Getriebe der Militarisierung der Gesellschaft. Die Entwicklung von fünf Blöcken zu Kasernen (der südlichste zum Erholungsheim für verdiente und ausländische Militärs) führt das plastisch vor Augen.
Auch die stalinistisch geprägte Ära schätzte und schuf Monumentales. „Hier geht es zu den Großbauten des Kommunismus“ wies in den 1950er Jahren ein Wegweiser in die heutige Berliner Karl-Marx-Allee. Rügen ist ein Beispiel für das Liebäugeln mit Gigantismus auch in jener Ära, über die viel zu wenig die Rede ist.
Für die Gegend um Glowe sahen die Planungen zeitgleich einen gigantischen Rügenhafen vor, der infolge des Arbeiteraufstandes 1953 nicht zur Ausführung gelangte. Mehr als zehntausend junge Volkspolizisten wurden um 1950 nach Rügen gezogen. Riesige Plakate warnten die Bewohner: „Achtet auf Spione und Agenten! Hier wird für die Sicherheit und die Verteidigung des Friedens gebaut.“
Getriebe der Militarisierung
„Die Aufrüstung in der DDR unter dem Deckmantel kasernierter Polizeiformationen ist übrigens untrennbar mit der Geschichte Proras verbunden. Die Zeit der Nutzung Proras durch das ostdeutsche Militär beginnt bekanntlich bereits im Jahr 1949. Zu diesem Zeitpunkt wurde dort eine Infanterieschule mit einer Personalstärke von knapp 1.000 Mann eingerichtet. 1950 entstand aus dieser Schule eine "gemischte Bereitschaft", die einen regimentsähnlichen Truppenkörper mit etwa 1.800 Soldaten, Unteroffizieren und Offizieren darstellte. Die Führung dieser kasernierten „Volkspolizei-Bereitschaft“ in Prora hatte der legendäre Inspekteur (später Oberst ) Werner Pilz inne. Unter seiner Regie entstand nach und nach ein riesiger Militärstandort auf Rügen, obwohl es offiziell noch gar kein Militär in der DDR gab. Ab 1953 war in Prora ein Großteil der 8. Infanteriebereitschaft der KVP mit rund 8 000 Mann stationiert, so u.a. das sogenannte B-Kommando (Artillerieregiment), ein C-Kommando (Panzerregiment) ein Panzerlehrbataillon sowie Flak-, Aufklärungs- und Pioniertruppenteile. Zwar wurde im September 1953 für den Stab der Bereitschaft die Bezirksstadt Schwerin festgelegt. Dennoch blieb Prora in den 1950er Jahren einer der größten Standorte des ostdeutschen Militärs und damit ein Symbol der geheimen Aufrüstung in der DDR.“
Zit. nach Rüdiger Wenzke https://ziladoc.com/download/die-nationale-volksarmee-nva_pdf, zuletzt aufgerufen am 20.7.2019
Militärisches Bollwerk
In dieser Zeit wurden die halbfertigen und demolierten Großbauten der nationalsozialistischen »Kraft durch Freude«-Ferienanlage zu Kasernen vollendet. Zeitweilig waren bis zu 19 000 Menschen mit dem Ausbau der Anlage befasst. Der spätere Vorsitzende des Staatsrates der DDR, Walter Ulbricht, kam persönlich auf die Großbaustelle, um die jungen KVP-Helfer zu besuchen. 1956 waren die Blöcke im Großen und Ganzen ausgebaut: Die ehemalige Empfangshalle und der landeinwärts gelegene Restaurant-Theater-Komplex wurden zur „Haus der Armee“, eine Gaststätte, eine Sporthalle und einem großen Saal für etwa 1.000 Personen umgestaltet. Im März 1953 wurde das militärische Gelände auf 2.130 Hektar vergrößert. Der gesamte Kleine Jasmunder Bodden mit Ufer wurde einbezogen; Siedlungen wie Lubkow und Kiekut wurden zu Enklaven.