Block V im Sommer 2009. Von links nach rechts: Höfe 11, 10, 9, 8, 7.  © Sammlung DenkMALProra

Block V

Wie kein anderer der im Stalinismus ausgebauten Blöcke des Kolosses von Prora verkörpert Block V Aufstieg und Niedergang der DDR (1949-90). Die Geschichte dieses Blockes spannt den Bogen von der heimlichen Aufrüstung zur Friedlichen Revolution.

Fallschirmjäger und Bausoldaten

Welch eine Geschichte! Um ein Haar wäre die Revolution im Jahr 1989 alles andere als friedlich verlaufen. Dann nämlich, wenn die in Alarmbereitschaft versetzten Fallschirmjäger tatsächlich ausgerückt wären, um die Leipziger Montagsdemonstration zu zerschlagen. Regimeeliten und Regimegegner hätten sich Auge in Auge gegenübergestanden. Die Fallschirmjäger blieben in der Kaserne, die Demo verlief friedlich.

Schon einmal trafen in der Geschichte Vertreter beider Seiten aufeinander – in Block V, nördlicher Abschnitt, dem Gebäude der heutigen Jugendherberge Prora. Sie begegneten sich hier nicht. Sie behausten vielmehr nacheinander jene Räume, die dem Gebäude eine über die KdF-Planungen hinausgehende Geschichte geben: Die Fallschirmjäger, deren Bataillon ab 1960 heimlich in Prora aufgestellt und ausgebildet wurde, um den Gegner im Ernstfall in dessen Hinterland zu schlagen. Und die Bausoldaten, die als Waffenverweigerer und damit als recht mutige Nein-Sager im DDR-Regime zu den Wegbereitern der Friedlichen Revolution gehörten. Das Fallschirmjägerbataillon zog 1982 nach Lehnin, näher dran am Klassenfeind in Westberlin, und machte damit Platz für die größte Baueinheit in der Geschichte der DDR. Viele und billige Arbeitskräfte benötigte der Bau des Hafens im benachbarten Mukran; ein sozialistisches Großprojekt zum Zwecke der direkten Seeverbindung mit der damaligen Sowjetunion, nachdem das Bruderland Polen aufgrund der dort erstarkenden Reformbewegung unsicher geworden war.

Auch an der Geschichte im südlichen Abschnitt, gegenwärtig im Umbau zur Wohnanlage begriffen, lässt sich der Bogen von der heimlichen Aufrüstung zur Friedlichen Revolution nachvollziehen. Aus dem geplanten Seebad Prora war also ein völlig anderer Ort geworden. Der Umwidmung des Kolosses um 1950 wird der erst nach 1990 aus Gründen der Verdrängung, Ignoranz und touristischer Verwertung wiederbelebte Begriff „KdF-Bad“ nicht gerecht. Ein Fall zum Hinterfragen unserer Erinnerungskultur, die die Geschichte der Ostdeutschen in die Nischen verbannt, sofern diese mit der Beseitigung der gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Institutionen nicht längst mit „abgewickelt“ wurde.

Nördlicher Abschnitt

Der einstige KdF-Bau blieb auch im Bereich Block V (vormals Block VI)  ein weithin unvollendeter Torso. Die Nachkriegsgeschichte unterschied sich aber insofern von den übrigen Blöcken, als hier in den nördlichen Lichthöfen eine Truppe der Roten Armee Einzug hielt.

Südlicher Abschnitt

Vom nördlichen Abschnitt weithin unabhängig und durch einen Zaun abgegrenzt entwickelte sich nach dem Krieg der südliche Abschnitt von Block V. Die Geschichte dieses Geländes neben der heutigen Jugendherberge Prora ist eng mit dem Bau der Berliner Mauer (13. August 1961) verknüpft.