Hof 10 (Jugendherberge)
„Ruhe auf der Stube, Geräusche, die auf schlafen schlußfolgern lassen.“ Selbst solche Lappalien sind in Abhörprotokollen festgehalten, die in der 2. Etage des vorletzten Hofes der heutigen Jugendherberge angefertigt wurden. Als „feindlich-negative Kräfte“ standen die Bausoldaten in den Etagen darüber im Visier der Staatssicherheit. Wie ging es hinter diesen Mauern zu? Wo befanden sich die „Wanzen“ im Gebäude? Viele Unterlagen sind vernichtet, Dokumentationen im Gebäude wurden von offizieller Seite nicht vorgenommen. An die sogenannte „Verwaltung 2000“ erinnert im Gebäude heute nichts mehr.
Als im Jahr 2003 der Block entkernt wurde, blieben die Raumstrukturen, Holztapeten- und Fußbodenreste der Stasi-Abteilung erhalten. Dies alles verschwand erst im Jahr 2009 und machte die Etage zu einer unter anderen.
Im 3. OG links sowie im 1. OG war die Technische Baupionierkompanie untergebracht. Im Erdgeschoss setzten sich die Bekleidungskammern fort.
BU Bauliche Entwicklung Hof 10 zwischen 1994 und 2010.
Zeitzeugen berichten über den Stasitrakt
Ehem. Hptm. Nehrdich, Mail 2010:
„Meines Wissens hat nie ein Soldat den eigentlichen Bereich der V 2000 betreten. Ich selbst war bis 1990 nur einmal in diesem Bereich und dieser Raum war eine Art Pausenraum oder Kaffeeküche. Als ich eingelassen wurde, war der weitere Bereich der Verwaltung durch einen Vorhang abgeschirmt. Als ich nach Prora kam, war Hptm. Blanckenburg Leiter der Gruppe der V2000 in Prora (später war er Major). Die Angehörigen der V2000 sind immer in Zivil herumgelaufen. Sie sind ihnen garantiert begegnet und haben Sie sicher auch freundlich gegrüßt. Ein Mitarbeiter dieser Gruppe war mein Hausnachbar (…) Über seine Tätigkeit in der V2000 hat er aber auch später nie gesprochen oder ist ausgewichen, wenn das Gespräch darauf kam.“
Ehem. Hptm. Lothar Kühne, 2007:
„Ich hatte bereits erwähnt, dass die in unserem Bereich tätige Diensteinheit der ,Verwaltung 2000‘ relativ umfangreich war. Immerhin bestand sie aus bis zu fünf ständig im PiBB anwesenden Offizieren. Ihre Dienstzimmer befanden sich, abgegrenzt und zusätzlich mit Gittertüren gesichert, zwischen dem Stabsbereich und dem Gang, auf dem sich u.a. die Schneiderei, die Poststelle, die Bibliothek und auch der Traditionsraum befanden.
Ihre Informationen erlangten die Mitarbeiter des MfS auf die unterschiedlichste Weise und ebenso variantenreich war ihr Einwirken auf allgemeine militärische Belange. Nur einige Beispiele: Bereits bei der Aufstellung der Einheiten wurden die Listen der personellen Zusammenstellung der Züge und Kompanien bis hin zu den Zimmerbelegungen mit ihnen abgestimmt. Es kam auch vor, dass so kurzfristig Veränderungen veranlasst wurden. Die Vorgesetzten der Baukompanien (unabhängig von ihrer Dienststellung) wurden regelmäßig befragt. Einzelne Bausoldaten wurden zu Gesprächen in die Bibliothek ‚gebeten‘ oder bis zur Gittertür im vorletzten Treppenhaus geführt. Regelmäßig erhielten diese Mitarbeiter auch regionale kirchliche Presseerzeugnisse und Publikationen etc. Konkrete Kenntnisse über Abhöraktionen oder dabei eventuell eingesetzte Technik habe ich nicht. Darüber könnten nur die betreffenden ehemaligen Angehörigen des MfS Auskunft geben. Erinnern kann ich mich aber auf jeden Fall an ein Ereignis, das auf jeden Fall den Schluß auf die Nutzung derartiger Methoden zulässt. Die gesamte BE- 2 [Baueinheit] wurde zu einer politischen Information durch den Politstellvertreter in die ‚Holzoper‘ befohlen. Nach dem Abrücken der Einheiten wurden alle Räume der BE durch Angehörige des Stabes auf eventuell zurückgebliebene Bausoldaten kontrolliert und die Zugänge zu den Treppenhäusern besetzt. Mitarbeiter der Verwaltung waren danach in den einzelnen Kompaniebereichen aktiv. In ihrer Begleitung befanden sich mehrere ‚Zivilisten‘. Nach der Rückkehr dieser Personen wurden die Kompanieeingänge wieder freigegeben und auch die Information in der Kulturbaracke (abgerissener Regimentsclub) war kurz darauf beendet.“