Block II

Nach Sprengung und Beseitigung des südlichsten Prora-Blockes wurde Block III in der Zählung der geplanten Bettenhäuser zu Block II. Auch dieses geplante Bettenhaus wurde in der Nachkriegszeit zur Rohstoffquelle, ehe um 1950 die Wiederauf- und ausbauarbeiten begannen. Der graubraune Putz folgte später. Ab 1956/57 erhielt der Block durch das Motorisierte Schützenregiment 29 (MSR-29) eine besondere Bedeutung. Ab diesem Zeitpunkt wurden hier Partei- und Staatsfunk­tionäre sowie Studenten militärisch geschult und gedrillt. Obgleich die NVA noch immer eine Freiwilligenarmee gewesen ist, wurden viele Jugendliche schon damals in ihre Reihen gepresst. 1961 hatten sich Soldaten des MSR-29 an der Absicherung des Mauerbaus in Berlin zu beteiligen. Vereinzelt kam es dabei zu Ver­weigerungen innerhalb der Truppe. Auch Waffenverweigerer (Bausol­daten) waren in den 1970er Jahren in Block II untergebracht. Sie hatten unter anderem am Ausbau der Kaserne mitzuarbeiten und manch ande­re Zwangsarbeiten zu verrichten. Unter den Grundwehr­dienstleistenden machte der Reim die Runde: 


An der Ostseeküste von Prora ein Volksarmist stand,
gestützt auf die Knarre, den Blick in den Sand.
Was hab ich verbrochen, was hab ich getan,
dass ich an die Küste von Prora kam?
Kennt Ihr das Land, wo die Sonne nie lacht,
Wo man aus Menschen Idioten macht?
Hier hab ich verloren den Anstand, die Tugend,
Prora - Grab meiner kostbaren Jugend ...

Bis 1975 zog das MSR-29 vollständig aus und bot der Technischen Unteroffiziersschule (spätere MTS) Platz, welche sechs Jahre zuvor im benachbarten Block III eröffnet worden war. Über anderthalb Jahrzehnte hinweg beherbergte Block II verschiedene Fachrich­tungen der Schule, die sich in die Gebäudteile zwischen dem Raketenausbildungszentrum am nördlichen und der Militärmusikschule am südlichen Ende eingliederten. Es waren dies die Fachrichtungen Panzertechnik, KFZ-Technik, Chemische Dienste und Pioniertechnik. In all diesen fast vierzig Jahren diente Block II der Herrschaftssicherung der SED-Führung nach außen und nach innen. Ein wesentlicher Bestandteil war die Ideologisierung von Jugendlichen im Sinne der Einheitspartei. Bezeugt sind über all die Jahrzehnte hinweg zahlreiche Suizidversuche, Unfälle und auch Suizide.

Nach der politischen Wende wurde der Block kurzzeitig Umschulungsmaßnahmen zugeführt, danach verfiel er. Nachdem mithilfe der Bundeswehr fast alle Ausstattungsstücke abtransportiert und vernichtet worden waren, darunter wertvolle Intsrumente der Militärnusikschule etc.., von Lehrern und Schülern zum Teil unter Tränen mitverfolgt, stand der leere, seither als KdF-Bettenhaus“ vermarktete Block leer.

Im Jahr 2006 gingen die Blöcke I und II für 455.000 Euro an den Sohn des Arbeiterlied-Sängers Ernst Busch (1900-1980) – Ulrich Busch, der Block I schließlich an einen österreichischen Unternehmer verkaufte, der ihn wiederum im Frühjahr 2012 bei einem Mindestgebot von 798.000 Euro versteigern ließ. Für 2,75 Millionen Euro (d.h. für 2,5 Milli­onen mehr, als der Bund einst erzielt hatte) ging der Block nun an die Berliner Immobiliengesellschaft Irisgerd. 2014 legte diese mit den Umbauarbeiten los.   

Ebenfalls in Prora-Ost, rechts von der „Zweiten Straße“, stand die Anfang der 1970er Jahre eröffnete Polytechnische Oberschule, in der einst viele Kinder der Proraer Militärangehörigen zur Schule gingen. Als diese abgerissen wurde, drohte auch das Wandbild des Usedomer Künstlers Klaus Rößler  verloren zu gehen. Titel: „Wehrbereitschaft der Jugend“: Nachdem Dr. Stefan Stadtherr Wolter seit etlichen Jahren auf den notwendigen Schutz des Wandbildes hingewiesen hatte, gab es mehrere Interessenten, das Bild zu sichern. Ein Losverfahren entschied jedoch zugunsten DenkMALProra. Mit etlichen Sympathisanten konnte das Wandbild abgetragen werden. Inzwischen hat es der Bauherr von Block II, Ulrich Busch, übernommen, um es als eines der „Erinnerungszeichen“ wieder aufbauen zu lassen. Ein durch Herrn Busch initiiertes Stelenprojekt zur Geschichte der einzelnen Abschnitte von Block II  verschob sich durch die Corona-Pandemie.

Motorisiertes Schützenregiment MSR-29

Zu den großen Regimentern, die in Prora stationiert waren, gehört das Motorisierte Schützenregiment (MSR-29), das 1956/57 aus der Kasernierten Volkspolizei hervorging. Es war zunächst überwiegend in Block II und im südlichen Teil von Block V untergebracht. Block IV belegte es erst ab 1964, zu erklären mit dem Freiziehen des Block II zugunsten der Militärtechnischen Schule.

Militärtechnische Schule (MTS)

Das Motorisierte Schützenregiment 29 (MSR-29) zog ab 1969 nach und nach aus Block II aus und bot somit der Technischen Unteroffiziersschule (TUS) Platz. Die später sogenannte Militärtechnische Schule (MTS) verfügte im 20. Jahr ihres Bestehens (1989) in den Blöcken II und III über eine Kapazität von 1.700 Plätzen mit entsprechenden Versorgungseinrichtungen.