2. Artilleriebrigade der Roten Armee
Der einstige KdF-Bau blieb auch im Bereich Block V (vormals Block VI) ein weithin unvollendeter Torso. Die Nachkriegsgeschichte unterschied sich aber insofern von den übrigen Blöcken, als hier in den nördlichen Lichthöfen eine Truppe der Roten Armee Einzug hielt. Die Geschichte der Besatzer in Prora ist wegen der Fokussierung auf die nicht ansatzweise fertig gestellte KdF-Bad-Planung so gut wie unerforscht geblieben. Dabei erfolgte von hier aus wichtige Schützenhilfe für den Aufbau einer Armee in der Sowjetischen Besatzungszone. Prora wurde zu einer der bedeutendsten Keimzellen der Nationalen Volksarmee. Nirgendwo war um 1950 die Konzentration Kasernierter Volkspolizisten (KVP) höher als in Prora, das den Begriff „KdF-Bad“ längst abgelegt hatte und inzwischen als abgeriegeltes „Polizeilager“ berüchtigt war. Während bis dahin Teile der Prora-Anlage zunächst demontiert (bis 1947), dann teilweise gesprengt und von der Bevölkerung geplündert worden waren (1947-49), erfolgte nun der konzertierte Wiederauf- und Ausbau der Blöcke I bis V unter Oberstleutnant Werner Pilz (1917-1969). Das geplante Seebad wurde zur stalinistischen Großkaserne. Aus der 1952 gegründeten KVP, mit mehr als 13.000 Mann allein in Prora, ging die 1956 gegründete Nationale Volksarmee (NVA) hervor. Das war etwa der Zeitpunkt, als die sowjetischen Besatzer Prora verließen. Ein seltenes Zeugnis der Zeit des Streitkräfteaufbaus, der unter sowjetischer Besatzung in der gesamten DDR erfolgte, ist in Bezug auf den „Koloss von Prora“ die 2018 erschienene Publikation „Sehnsuchtssonate“.
Bock V, nördlicher Abschnitt, soll aus der Zeit des Nationalsozialismus bereits über eine Heizungsinstallation verfügt haben. Andererseits berichtet ein Zeitzeuge, dass im Erdgeschoss, etwa dem Bereich des künftigen Bildungszentrums (Hof 8), Pferdeställe vom unfertigen Zustand des Gebäudes gekündet haben sollen. Fenster und Türen mussten jedenfalls nachträglich eingebaut werden. Unverputzt präsentierte sich Block V noch bis in die 1970er Jahre hinein. Allerdings: Den Abschnitt der heutigen Jugendherberge bekam bis zu zehn Jahre nach Kriegsende kaum ein deutscher Zeitgenosse zu Gesicht. Das Gelände, das sich die 2. Artilleriebrigade der Roten Armee bewohnbar gemacht hatte, umfriedete ein hoher Zaun. Dahinter entfaltete sich eine verbotene kleine Welt, in der sich ein vermutlich rigides Miteinander vollzog. Am Rande des Lagers entstand der sog. „Russenknast“, daneben eine russische Bäckerei, die auf Selbstversorgung hindeutete.
Auch die teilweise fertiggestellten Häuser der nördlichen Siedlung für den Reichsarbeitsdienst wurden Ende 1945 vorüber zum Gefängnis. Sie soll ein „Bild des Grauens“ geboten haben, wie nach der politischen Wende eine Zeitung über das „Konzentrationslager Prora“ berichtete: Die Opfer: Betroffene der ‚Demokratischen Bodenreform‘ und ihre Angehörige. Ihr Verbrechen: Besitz von mehr als 100 Hektar Land.“ (Zit. nach Preußische Allgemeine, 12. Oktober 1996.)
Ab 1946 zogen Umsiedler in die Häuser ein, die erst jetzt ihre vielfach noch heute sichtbare Zimmeraufteilung erhielten.
Unter dem späteren Anstrich der Räume im Bereich des „Med.Punktes“ (heute Speisesaal der Jugendherberge) ließ sich eine für die Nachkriegszeit typische Ausmalung finden: Blüten in Walzendruck im Stil der 40er/50er Jahre. Leider wurde auf solche Details beim Umbau des Gebäudes zur Jugendherberge kein Wert gelegt.
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